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Bock, Jessica: Frauenbewegung in Ostdeutschland

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Verkaufspreis48,00 €

Jessica Bock
Frauenbewegung in Ostdeutschland
Aufbruch, Revolte und Transformation in Leipzig 1980–2000
Studien zur Geschichte und Kultur Mitteldeutschlands, Bd. 6
Fachbuch

460 S., Br., 148 × 210 mm, s/w-Abb.
ISBN 978-3-96311-395-6

Erschienen: Oktober 2020


Während zu Beginn der 1980er Jahre in Leipzig kaum Frauengruppen existierten, gründeten sich zwischen 1984 und Sommer 1989 in der Messestadt unabhängig voneinander mehrere informelle Frauengruppen. Sie waren Teil der nichtstaatlichen Frauenbewegung in der DDR, die sich kritisch mit der Situation der Frauen und tatsächlichen Gleichberechtigung auseinandersetzte. Im Zuge der Friedlichen Revolution und der Wiedervereinigung Deutschlands durchlief die ostdeutsche Frauenbewegung eine grundlegende Transformation. Mit der »Fraueninitiative Leipzig« (FIL) formierte sich ein zentraler Sammelpunkt der Bewegung. Die FIL erklärte die Frauenfrage zu einer gesamtgesellschaftlichen Frage und damit auch zu einem zentralen Thema der Friedlichen Revolution. Aus ihr erwuchsen zahlreiche Vereine, die die feministische Infrastruktur im Leipzig der 1990er Jahre maßgeblich prägten.
Jessica Bock bietet mit ihrer Studie erstmals eine fundierte Auseinandersetzung zur jüngsten Frauenbewegungsgeschichte in Ostdeutschland. Anhand bislang kaum beachteter Quellen sowie zahlreichen Interviews mit Zeitzeuginnen zeichnet sie ein detailreiches und lebendiges Bild von Akteurinnen und Netzwerken zwischen 1980 und 2000. Zugleich schließt das Buch eine Lücke in der DDR-Oppositions-, Revolutions- und Transformationsforschung.


Dr. Jessica Bock, geb. 1983, studierte Mittlere und Neuere Geschichte an der Universität Leipzig. 2015 bis 2018 promovierte sie über die ostdeutsche Frauenbewegung mit einem Stipendium der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur. Seit 2016 ist sie wiss. Mitarbeiterin beim Digitalen Deutschen Frauenarchiv.


»Jessica Bock schreibt gegen das Narrativ der 'Wendeverliererinnen' an und zeigt, dass die Akteur:innen der Frauenbewegung aktiv die Proteste 1989/90 gestalteten.«
Pia Marzell, WerkstattGeschichte 88, Jg. 2023/2
 
»Das Anliegen der Dissertation, Leipziger frauenbewegte Akteurinnen aus der Vergessenheit zu holen, ist erfüllt.«
Katrin Aleksander, hsozkultur, 22. März 2022
 
»Das Buch leistet ferner einen Beitrag zur Oppositions-, Revolutions- und Transformationsforschung in der DDR.«
Jahrbuch Extremismus & Demokratie 2021
 
»Ein wissenschaftlich-übersichtliches Werk, das die Leserin an der Fülle von Information und Lebendigkeit nicht mehr loslässt.«
Claudia Bergermayer, WeiberDiwan, 14. November 2021
 
»Jessica Bock gelingt es, auf sprachlich ansprechende und kurzweilige Weise, die umfang- und facettenreiche Geschichte frauenbewegten Engagements in Leipzig zwischen 1980 und 2000 nachzuzeichnen.«
Pia Heine, Neues Archiv für sächsische Geschichte, 92/2021
 
»Die Lektüre sei Leserinnen und Lesern sowohl in Ost als auch in West ans Herz gelegt. Es wird ihnen allen Erkenntnisgewinn auf unterschiedlichen Ebenen ermöglichen.«
Elke Heinicke, Virginia. Zeitschrift für Frauenbuchkritik, Frühjahr 2021
 
»Jessica Bock entfaltet eine aufregende Demokratiegeschichte Deutschlands im 20. Jahrhundert.«
Uta C. Schmidt, blog interdisziplinäre geschlechterforschung, 1. Juni 2021
 
»Bocks Studie bietet ein differenziertes Bild der Leipziger Frauengruppen und zeichnet sich vor allem durch ihren transformationsgeschichtlichen Zuschnitt aus.«
Eva Schäffler, sehepunkte, 21.2021
 
»Das Buch leuchtet ein bisher eher unterbelichtetes Kapitel der DDR-Forschung hell aus und hält Entdeckungen bereit.«
Yvonne Fiedler, Sächsische Zeitung, 22. Januar 2021
 
»Ein überfälliges Buch eigentlich, das in komprimierter Fülle zeigt, dass auch die Friedliche Revolution in Leipzig ohne engagierte Frauen und eine gehörige Prise Feminismus nicht denkbar war. Und ist.«
Ralf Julke, Leipziger Internetzeitung, 12. Januar 2021

Was war Ihre Motivation der Frauenbewegung in der Stadt Leipzig ein Buch zu widmen?
Schon während meiner Schulzeit begann ich mich mit der Geschichte der Frauenbewegung in Deutschland zu beschäftigten. Im Geschichtsunterricht erfuhren wir nur, dass die Frauen 1918 das Wahlrecht erhielten. Sonst nichts. Die Vorgeschichte, die Kämpfe der Frauen haben wir nicht vermittelt bekommen. Später fiel mir auf, dass die Frauenbewegungsgeschichte sehr westdeutsch geprägt ist. Sie ist dominiert von protestierenden Frauen gegen den §218 und von der Person Alice Schwarzer. Aber ich wollte wissen, wie Frauenprojekte usw. in Ostdeutschland entstanden sind und welche Rolle die DDR dabei spielte. Meine Forschungen über die ostdeutsche Frauenbewegung war zugleich auch eine persönliche Entdeckungsreise der ostdeutschen Geschichte der Frauenbewegung.

Wie würden Sie die aktuelle Lage der Feminismusbewegung beschreiben- wie viel hat sich schon getan und was muss sich noch ändern?
I
ch vermisse die Wut der Frauen. Sie lassen sich in diesem Land viel zu viel gefallen. Ich bin selbst in feministischen Vereinen aktiv und erlebe sehr engagierte Frauen, die gegen die vielfältigen Diskriminierungen ankämpfen. Allerdings sind es meiner Ansicht nach zu wenige Frauen, die sich aktiv einbringen.
Es braucht eine ideelle wie monetäre Aufwertung von Familien- und Care-Arbeit. Es kann nicht sein, dass diese Bereiche, die, wie wir jetzt in der Pandemie sehen, gesellschaftlich (über-)lebensnotwendig sind, immer noch nicht entsprechend bezahlt und gewertschätzt werden.
Die Benachteiligung von Müttern – egal ob alleinerziehend oder in Partner:innenschaft - im Beruf muss ebenfalls aufhören. Und es braucht viel mehr Gewaltschutz von Frauen und Mädchen.

Für die Recherche am Buch wurden verschiedene Interviews mit Zeitzeugen geführt. Gibt es eine Erzählung, die Ihnen besonders im Gedächtnis geblieben ist?
Ich habe mit 33 Frauen Interviews geführt und mich haben alle ihre Geschichten sehr beeindruckt. Eine Erzählung, die mir besonders im Gedächtnis geblieben ist, ist die einer Mitbegründerin des ersten autonomen Frauenhauses in Leipzig. Als Krankenschwester war sie konfrontiert mit der alltäglichen Gewalt, die Frauen zu Hause ausgesetzt waren. In der DDR gab es keine Schutzeinrichtungen für Frauen, so dass einige Frauen im Selbstmord den einzigen Ausweg gesehen haben. Diese Erlebnisse waren für sie ausschlaggebend, während der Umbrüche im Herbst 1989 für die Errichtung eines autonomen Frauenhauses zu kämpfen. Und kämpfen ist hier wortwörtlich gemeint. Die Themen Frauen und Gleichstellung hatten bei vielen politischen Akteur/innen der Bürgerrechtsgruppen und den neu gegründeten Parteien keine Priorität. Ihre Beschreibung der Erstausstattung des Frauenhauses mit schäbigen Möbeln und Matratzen haben mich schockiert. Zugleich beeindruckten mich die Beharrlichkeit und der Stolz der Frauen sehr – der Stolz, trotz gefährlicher und widriger Bedingungen für Frauen etwas gewagt und erreicht zu haben.