Schönberg, Oskar: Das unsterbliche Luderleben

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Verkaufspreis16,00 €

Beschreibung

Oskar Schönberg
Das unsterbliche Luderleben
Roman
Aus dem Nachlass mit einem Nachwort hg. von Thorsten Unger

368 S., Br., 130 × 190 mm
ISBN 978-3-96311-442-7

Erschienen: November 2020


Leberecht Schneege ist auf den Landstraßen um Magdeburg unterwegs. Er ist dort nicht allein, denn es ist die Zeit der Weltwirtschaftskrise in den späten Jahren der Weimarer Republik. Aber anders als die meisten Arbeitslosen bemüht Leberecht sich nicht um einen neuen Job. Das freie Leben als Tippelbruder zieht er der Plackerei im Betrieb und dem Schlangestehen an der Stempelstelle vor. Erst als ihm Anna begegnet, sucht er sich Arbeit in einem Magdeburger Sägewerk. Aber ist die Liebe stark genug gegen den Ruf der Landstraße? – Das unsterbliche Luderleben ist ein Vagabundenroman, ein Liebesroman, ein Magdeburg-Roman mit einer skurrilen Hauptfigur. Er wird hier aus dem Nachlass des Autors Oskar Schönberg im Archiv des Literaturhauses Magdeburg erstmals gedruckt vorgelegt.

Autor

Der Magdeburger Autor Oskar Schönberg (1892–1971) war Buchhalter, arbeitsloser Familienvater, Angestellter im Arbeitsamt, Lyriker und Publizist. Schon früh entstanden erste Veröffentlichungen. Zahlreiche Gedichte und kleine Erzählungen (auch für Kinder) wurden in regionalen Zeitschriften und Anthologien gedruckt. Mehrere Romane hingegen blieben unveröffentlicht.

Herausgeber

Dr. Thorsten Unger, geb. 1962, seit 2011 Professor für »Germanistische Kulturwissenschaft: Neuere deutsche Literatur« an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg.

PRESSESTIMMEN

»Ein Stück Magdeburger Literaturgeschichte wird luzid vor dem Leser ausgebreitet.«
Albrecht Franke, Altmark-Blätter, 16. Januar 2021

»Die Veröffentlichung ist ein Gewinn. Weil sie auch durch das ausführliche Nachwort Regional- und Zeitgeschichte ins Bewusstsein rückt.«
Mario Kluge, Stimme der DDR, 8. März 2021

Interview

Herr Unger, mit »Das unsterbliche Luderleben« haben Sie einen Roman des ehemaligen Magdeburger Autors Oskar Schönberg herausgegeben. Was hat sie dazu angeregt, was verbinden Sie mit Schönberg?
Als Literaturwissenschaftler und »Neumagdeburger« interessiert mich die regionale Literaturlandschaft. Da machten mich die Mitarbeiterinnen des Literaturhauses Magdeburg auf den heute kaum mehr bekannten Dichter Oskar Schönberg (1892-1971) aufmerksam, dessen umfangreicher Nachlass im Archiv des Literaturhauses aufbewahrt wird. Wir haben uns die vielen Mappen voller Manuskripte, Fotos und Zeitungsausschnitte mit einer Studierendengruppe unseres Germanistik-Studiengangs genauer angeschaut und fanden, dass sich unter den Materialien etliche lesenswerte Texte befinden: vor allem ein sehr umfangreiches lyrisches Werk, aber auch Erzählungen, darunter solche für Kinder, kleinere szenische Texte und eben auch Manuskripte von fünf unveröffentlicht gebliebenen Romanen. Interessant war auch, dass diese Texte aus sehr unterschiedlichen Phasen der deutschen Geschichte stammten, vom späten Kaiserreich und Ersten Weltkrieg über die Weimarer Republik und die Nazi-Zeit mit dem Zweiten Weltkrieg bis hin zur DDR. So entstand der Wunsch, einen dieser Romane einem breiteren Publikum zugänglich zu machen. Die Geschichte der deutschen Literatur muss deswegen nun nicht neu geschrieben werden, aber zur Magdeburger Literaturgeschichte fügt »Das unsterbliche Luderleben« doch ein Mosaiksteinchen hinzu.

Schönbergs Roman lässt sich in das Genre der sogenannten »Arbeitslosenromane« einordnen, das sich zur Zeit der Weltwirtschaftskrise entwickelte. Was kann man darunter verstehen und worin hebt sich »Das unsterbliche Luderleben« jedoch von anderen Romanen dieses Genres ab?
Die allermeisten Arbeitslosenromane aus der späten Weimarer Republik zeigen Protagonisten, die händeringend, aber vergeblich Arbeit suchen; sie zeigen die Suche nach Arbeit als Arbeit. Schönberg führt einen Arbeitslosen vor, der zunächst einmal das beschwerliche, aber freie und selbstbestimmte Leben als Tippelbruder auf der Landstraße preist und sich keineswegs nach Arbeit sehnt. Hat er einmal einen Aushilfsjob, drängt es ihn gleich wieder nach dem Wanderleben, sobald junge Menschen mit einem Lied auf den Lippen vorbeiziehen. Und selbst als er glücklich verheiratet in einem Magdeburger Sägewerk untergekommen ist, muss er beim ersten Vogelgesang im Frühling sehr an sich halten, um nicht alles stehen und liegen zu lassen und hinauszuziehen. In dieser Hinsicht ist Schönbergs Roman ebenso sehr ein Vagabundenroman wie ein Arbeitslosenroman.

Lassen sich die Lebenserfahrungen Schönbergs auf den Protagonisten des Romans, Lebrecht Schneege, übertragen? Was denken Sie?
Natürlich kann man versuchen, Bezüge zwischen der Biographie von Autorinnen und Autoren und deren Werken herzustellen. Hüten sollte man sich aber vor holzschnittartigen Übertragungen, die selten wirklich überzeugen. Auch liegt ja so ein Autorenleben keineswegs ausgebreitet vor uns, sondern muss seinerseits aus Selbstäußerungen und anderen Quellen erst einmal rekonstruiert werden. Im vorliegenden Fall ist Leberecht Schneege ganz sicher nicht einfach als Sprachrohr des Autors Schönberg gestaltet. Bezüge gibt es durchaus, aber auch Unterschiede. Schönberg war in der Weimarer Republik selbst mehrere Jahre arbeitslos und dann von 1929 an im Magdeburger Arbeitsamt angestellt, bis die Nazis ihn gleich 1933 aus politischen Gründen entlassen haben. Er wusste also, wie sich das Schlangestehen an der Stempelstelle anfühlt, kannte aber auch die Perspektive der Beschäftigten in der Arbeitslosenverwaltung. Nicht erkennbar ist jedoch, dass Schönberg in der Zeit seiner Arbeitslosigkeit selbst als Landstreicher unterwegs gewesen wäre. Vielmehr scheint er ein Familienmensch gewesen zu sein, der sehr an seiner Frau und seinen Kindern hing. Eine eher unfreiwillige Parallele zwischen Schneege und seinem Erfinder sehe ich schließlich in gewissen Grenzen der beiden: Dass die im Roman präsentierten Gespräche des Protagonisten über politische Fragen unscharf bleiben und nicht mehr gedanklichen Tiefgang erreichen, dürfte damit zusammenhängen, dass der Autor hierfür kein Meister war. Schönberg hatte Freude am Fabulieren, am Erfinden von Handlungen und an poetischen Bildern, war aber sicher kein Intellektueller.