Scheer, Udo: Die Sonne hat vier Ecken
BESCHREIBUNG
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Udo Scheer
Die Sonne hat vier Ecken
Günter Ullmann – eine Biografie
288 S., KlBr., 130 x 200 mm
mit Farb- und s/w-Abb.
ISBN 978-3-89812-896-4Dichter, Maler, Musiker, Dissident: der Künstler Günter Ullmann in den Fängen der Staatssicherheit
Aufgewachsen in der Nachkriegszeit in einem „Privilegium aus Liebe“ will der Greizer Lyriker Günter Ullmann (1946-2009) zunächst kein politischer Mensch sein. Doch der Alltag in der DDR macht ihn dazu. Seine Malerei wird als dekadent abgewiesen. Als Dichter gerät er in die Fänge der Staatssicherheit. Sein Freund Ibrahim Böhme bespitzelt und verrät ihn. Ullmann wird in Verfolgungswahn getrieben und in Psychiatrien eingewiesen. Bis 1989 entstehen vierzehn Buchmanuskripte für die Schublade. Wortmächtig und sensibel brennen seine Gedichte sich wie grelle Blitze ins Gedächtnis ein. (Zugleich überraschen seine hellen Kindergedichte, in denen er wie kaum ein anderer Autor den kindlichen Blick bewahrt.)
Die Deutsche Einheit erlebt er kritisch, vor allem aber als Befreiung. Im Jahr 2009 stirbt Günter Ullmann im Alter von 62 Jahren letztlich an den Spätfolgen seines in der DDR durchlittenen Schicksals.
Wegbegleiter und Freunde - unter ihnen Reiner Kunze, Lutz Rathenow, Gerd Sonntag, Arnold Vaatz und Musiker der Jazz-Formation „media nox“ - schildern in dieser Biografie auch ihre Erinnerungen an diese Ausnahmepersönlichkeit gegen Anpassung. Die zitierten Gedichte Ullmanns sind erschütternde Zeitzeugnisse eines begabten Poeten. Autor
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Udo Scheer, geb. 1951, war Mitglied im 1975 verbotenen Arbeitskreis Literatur Jena, »operative Bearbeitung« durch die Staatssicherheit, Veröffentlichungen literarischer Arbeiten wurden bis 1989 in der DDR weitgehend verhindert, seit 1993 freiberuflicher Schriftsteller und Publizist, 1995–2001 Gründungsvorsitzender der Geschichtswerkstatt Jena e.V., Veröffentlichungen u.a. »Jürgen Fuchs. ein literarischer Weg in die Opposition« (2007).
PRESSESTIMMEN
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»Eine einfühlsame und spannende Biografie.«
Hans-Joachim Föller, Passauer Neue Presse, 8. September 2012
»Udo Scheers Ullmann-Biographie ist nicht nur deshalb von Bedeutung, weil sie einen zu Unrecht wenig bekannten Dichter dem Vergessen entreißt, sondern auch, weil sich in seiner Lebensgeschichte mehrere für seine Generation exemplarische Biographien zu vereinen scheinen, die ein sehr komplexes Bild vom Leben in der großen Provinz namens DDR ermöglichen. Es ist das Verdienst des Biographen, die historischen Ereignisse und ihre Auswirkungen auf Ullmann und seine Gefährten in all ihrer bedrängenden Fülle darzulegen, ohne dabei die innere Entwicklung seines Protagonisten aus dem Auge zu verlieren. Udo Scheer kommt dabei zugute, selbst Teil der Protestbewegung im nahen Jena gewesen zu sein; seine persönlichen Bindungen ermöglichen ihm ein lebensnahes Bild jener Zeit, in dem sich Erinnerungen der Familienmitglieder und Freunde mit den Berichten der Staatsorgane ergänzen und die schriftlichen und mündlichen Äußerungen des Lyrikers das Zentrum bilden.«
Bernd Wagner, Deutschlandradio Kultur, 13. Mai 2012
»Günter Ullmann war ein bescheidener Mensch, der es nicht mochte, mit seiner DDR-Biografie, die tragisch genug war, hausieren zu gehen. Doch was dieser redliche Charakter wegen seiner Gedichte und seiner Zivilcourage durch die Stasi an Repressalien erleiden musste, sprengt den Rahmen des Vorstell- und auch Aushaltbaren. Zu diesem Schluss kommt, wer Udo Scheers verdienstvolle Biografie über Günter Ullmann liest.«
Kai Agthe, Das Blättchen, 30. April 2012
»Udo Scheer liefert mehr als die sensible Biografie eines Musikers, Malers, Dichters und Dissidenten ab. Das Buch ist die Geschichte eines Anmaßungsstaates, der politisch reformuntauglich, ökonomisch vor dem GAU, sozial verlogen, kulturell erstarrt, alle aus dem Weg räumte, die ihm im Wege waren.«
Märkische Allgemeine Zeitung, 10./11. März 2012
»Scheer zeichnet ein vielschichtiges, emphatisches Porträt des Lyrikers, lässt Freunde, wie Harald Seidel, Rudolf Kuhl, Volker Müller, Arnold Vaatz oder Reiner Kunze zu Wort kommen, die Erinnerungen preisgeben, jene, die den Schalk Günter Ullmann beschreiben, jene, die uns seine Gedanken und Emotionen nahe bringen, jene, die seine Ängste offenbaren. Und: Er würdigt den Lyriker, der wortmächtige Bilder schuf wie in seinem Text über die Enge in der DDR, der uns wunderbar feinfühlige Kindergedichte schenkte und der uns so das Staunen lehrte, das er selbst nie verlernt hat.«
Ostthüringer Zeitung, 8. März 2012
»Es gelingt Scheer überzeugend, die atmosphärische Dichte jener 1960er und 1970er in der DDR-Provinz darzustellen. Auf der Basis ausgewerteter Akten schildert er minutiös die akribischen Unternehmungen eines ideologisierten Staatsapparates, junge Menschen zu kontrollieren. Diese vorliegende Biografie lässt eine Ahnung entstehen, welch ungeheuerlicher Preis zuweilen für diese ›Reibungen‹ in der DDR bezahlt werden musste.«
Volker Strebel, Ostragehege - Zeitschrift für Literatur und Kunst, Nr. 68 Heft IV/2012
Leserstimmen
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»Bis tief in die Nacht hinein habe ich gelesen und bin noch völlig außer mir. Vieles erfahre ich durch Ihr Buch zum ersten Mal. Ich danke Ihnen für das Buch, für die Riesenrecherchearbeit, die in ihm steckt, für Ihre Noblesse, mit der Sie die zahlreichen diffizilen menschlichen Situationen schildern, für die gekonnte Instrumentierung des Ganzen und für Ihr sehr lesbares Deutsch. Das Buch ist ein starkes politisches Antinostalgikum.«
Reiner Kunze in einem Brief an den Autor